Einigungsstelle – Schlichtung im Betrieb

Schon der Name verrät es: Die Einigungsstelle soll Einigungen herbeiführen. Immer wieder kommt es vor, dass Arbeitgeber und Betriebsrat in wichtigen Fragen nicht weiterkommen. Den Rechtsweg zu beschreiten, ist dabei oft keine gute Lösung – Verfahren dauern lange, kosten Geld und sind rechtlich nicht immer eindeutig.

Die Einigungsstelle bietet hier eine betriebsnahe Möglichkeit, Konflikte zu klären. Im Folgenden erfährst du, was genau eine Einigungsstelle ist, wie sie gebildet wird, welche Aufgaben sie hat und wie ihre Beschlüsse wirken.

Definition: Was ist eine Einigungsstelle?

Eine Einigungsstelle ist ein innerbetriebliches Schlichtungsorgan, das Meinungsverschiedenheiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beilegt. Sie ist in den §§ 76 und 76a Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt.

Wichtige Merkmale:

  • Sie wird nur im Bedarfsfall eingerichtet (temporär).
  • Arbeitgeber und Betriebsrat stellen jeweils die gleiche Zahl an Beisitzern.
  • Den unparteiischen Vorsitzenden wählen beide Seiten gemeinsam. Kommt keine Einigung zustande, bestimmt das Arbeitsgericht die Person.
  • Die Einigungsstelle wird erst tätig, wenn Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat gescheitert sind.

Eine ständige Einigungsstelle kann per Betriebsvereinbarung eingerichtet werden – in der Praxis kommt das aber selten vor.

Freiwillige Einigungsstellen

  • Kommt nur zustande, wenn beide Seiten zustimmen.
  • Der Beschluss („Spruch“) ist nur verbindlich, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat dies vorher oder nachträglich festlegen (§ 76 Abs. 6 BetrVG).

Erzwingbare Einigungsstellen

  • In bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen kann jede Seite allein die Einigungsstelle anrufen.
  • Die andere Seite kann dies nicht verhindern.
  • Der Beschluss der Einigungsstelle ersetzt dann die gescheiterten Verhandlungen und ist für beide Seiten bindend.
  • Erzwingbare Verfahren gibt es nur in ausdrücklich im Gesetz genannten Angelegenheiten (z. B. Mitbestimmung bei Arbeitszeit, Eingruppierung, Fortbildung).

Aufgaben und Zuständigkeiten

Die Einigungsstelle fungiert als eine Art betriebliches Schiedsgericht.

Typische Zuständigkeiten:

  • Soziale Angelegenheiten: z. B. Betriebsordnung, Arbeitszeiten, Lohn- und Entgeltfragen, betriebliche Altersversorgung
  • Betriebsänderungen: Interessenausgleich, soweit nicht im Sozialplan geregelt
  • Personalfragen:
    • § 94 BetrVG: Personalfragebögen, Beurteilungsgrundsätze
    • § 95 BetrVG: Richtlinien zur Personalauswahl (Einstellung, Versetzung, Kündigung)
    • § 98 BetrVG: betriebliche Bildungsmaßnahmen
  • Wirtschaftsausschuss (§ 109 BetrVG): Informationsrechte
  • Organisatorische Fragen: Räume für den Betriebsrat, Kostenübernahme, Durchführung von Sprechstunden

Bildung einer Einigungsstelle

  • Arbeitgeber oder Betriebsrat können die Einigungsstelle anrufen.
  • Der Betriebsrat braucht dafür einen Gremienbeschluss.
  • Danach wird über die Zahl der Beisitzer und den Vorsitzenden verhandelt.

Zusammensetzung

  • Gleiche Anzahl an Beisitzern von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite (betrieblich oder extern).
  • Unparteiischer Vorsitzender: meist ein Arbeitsrichter oder Fachanwalt für Arbeitsrecht.
  • Arbeitsgericht entscheidet, falls keine Einigung zustande kommt.
  • Üblich: zwei Beisitzer pro Seite.

Ablauf und Dauer des Verfahrens

  • Sitzungen finden im Betrieb oder an einem neutralen Ort statt.
  • Beide Seiten tragen ihre Argumente vor.
  • Ziel: Einigung durch Gespräche und Vermittlung.
  • Dauer: je nach Komplexität mehrere Stunden bis mehrere Tage.

Teilnahme

  • Sitzungen sind parteiöffentlich: Arbeitgeber und Betriebsrat können Vertreter oder den gesamten Betriebsrat entsenden.
  • Teilnahme von Sachverständigen ist möglich.

Beschlussfassung und Folgen

  • Der Beschluss ist grundsätzlich verbindlich.
  • Unterschied freiwillige/erzwingbare Einigungsstelle:
    • Erzwingbar: Beschluss ersetzt Verhandlungsergebnis und wirkt wie eine Betriebsvereinbarung.
    • Freiwillig: Bindend nur, wenn beide Seiten sich darauf geeinigt haben.
  • Beschlussfassung nach Mehrheitsprinzip:
    • Zunächst Abstimmung ohne Vorsitzenden.
    • Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
  • Beschlüsse müssen sich an den Interessen des Betriebes und der Arbeitnehmer orientieren.
  • Bei Verstößen gegen zwingendes Recht können Arbeitsgerichte angerufen werden.
  • Beschlüsse sind schriftlich festzuhalten, vom Vorsitzenden zu unterzeichnen und beiden Seiten auszuhändigen.

Kosten

Die Kosten trägt der Arbeitgeber, dazu zählen:

  • Sachaufwand (Räume, Material, Technik)
  • Schreib- und Dokumentationsarbeiten
  • Vergütung des Vorsitzenden (selbst festgelegt)
  • Vergütung externer Beisitzer (meist 70 % des Vorsitzendenhonorars)
  • Kosten für Sachverständige, Rechtsanwälte, Gutachter
  • Reisekosten, Unterkunft, Verpflegung

Tipp

Bei Verhandlungen, die eine Betriebsvereinbarung betreffen, sollte möglichst der gesamte Betriebsrat anwesend sein. Sonst riskierst du, dass ein Beschluss der Beisitzer rechtlich unwirksam bleibt, bis das Gremium offiziell zugestimmt hat.


FAQ zur Einigungsstelle

Was ist eine Einigungsstelle?
Eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle, die bei Konflikten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vermittelt und Entscheidungen treffen kann.

Wann wird sie eingesetzt?
Wenn Verhandlungen gescheitert sind, z. B. bei Arbeitszeit, Eingruppierung oder Betriebsänderungen.

Wie setzt sie sich zusammen?
Aus Beisitzern von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite sowie einem neutralen Vorsitzenden.

Welche Aufgaben hat sie?
Sie führt ein Schlichtungsverfahren durch und fällt einen Beschluss, der für beide Seiten verbindlich sein kann.

Welche Vorteile hat sie?

  • Schnelle und kostengünstige Lösung
  • Vermeidung langwieriger Gerichtsverfahren
  • Bindende Entscheidung schafft Klarheit

Unterschied zum Gericht?
Die Einigungsstelle arbeitet innerbetrieblich und lösungsorientiert. Gerichte prüfen nur die Rechtmäßigkeit.

Wie bereitet man sich vor?

  • Argumente und Forderungen klar dokumentieren
  • ggf. Rechtsrat einholen
  • konstruktiv und kompromissbereit auftreten

Die Einigungsstelle ist ein zentrales Instrument der Betriebsverfassung. Sie hilft, Konflikte ohne Gerichtsverfahren zu lösen, sorgt für schnelle Entscheidungen und schafft Verbindlichkeit im Betrieb.

Kurzfakten

Zielgruppen

  • Betriebsratsmitglieder
  • Personalratsmitglieder
  • Interessierte

Kategorie

Betriebsräte und Personalräte

weitere Urteile

Keine weiteren Urteile

Freistellung nach

Keine Freistellung

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