Neue Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutz

Neue Regelungen zur Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutz

Gültig ab 1. Januar 2025

Zum Jahresbeginn 2025 wurden die gesetzlichen Vorgaben zur Gefährdungsbeurteilung im Mutterschutz angepasst. Arbeitgeber müssen nicht mehr in jedem Fall eine anlassunabhängige Beurteilung durchführen – unter bestimmten Voraussetzungen entfällt diese Pflicht.

Bisherige Rechtslage: Gefährdungsbeurteilung immer erforderlich

Seit dem 1. Januar 2018 galt: Für jede Tätigkeit musste unabhängig von aktuellen Anlässen geprüft werden, ob Schwangere oder Stillende dadurch gefährdet sein könnten. Diese Beurteilung war auch dann verpflichtend, wenn im Betrieb keine Frauen beschäftigt waren.

Die Pflicht war im Mutterschutzgesetz (§ 10 Abs. 1 S. 1 MuSchG) sowie im Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG) geregelt. Eine unterlassene Beurteilung stellte eine Ordnungswidrigkeit dar. Die anlassunabhängige Beurteilung diente dabei als präventives Instrument, um frühzeitig Schutzmaßnahmen abzuleiten.

Was ändert sich ab dem 1. Januar 2025?

Mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz wurde § 10 MuSchG geändert.
Die wichtigste Neuerung:

Arbeitgeber können künftig auf eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung verzichten, wenn für bestimmte Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen bereits durch den Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) festgelegt wurde, dass diese generell nicht von Schwangeren oder Stillenden ausgeübt werden dürfen.

In solchen Fällen ist die Gefährdung bereits gesetzlich anerkannt – eine erneute Bewertung durch den Arbeitgeber ist nicht mehr notwendig.

Wann entfällt die Beurteilungspflicht konkret?

Eine anlassunabhängige Beurteilung darf nur dann entfallen, wenn:

  • Der AfMu eine Regel nach § 30 Abs. 4 MuSchG veröffentlicht hat
  • Diese Regel eindeutig festlegt, dass bestimmte Tätigkeiten oder Bedingungen für Schwangere oder Stillende unzumutbar sind
  • Die Tätigkeiten im Betrieb genau den in der Regel beschriebenen entsprechen

In allen anderen Fällen bleibt die Beurteilungspflicht bestehen.

Dokumentationspflicht bleibt bestehen

Auch wenn auf eine Gefährdungsbeurteilung verzichtet wird, muss dies schriftlich dokumentiert werden. Der Arbeitgeber sollte deutlich vermerken, dass die Tätigkeit von einer veröffentlichten Regel des AfMu erfasst ist (§ 6 ArbSchG, § 14 MuSchG).

Schutzmaßnahmen nach Bekanntgabe der Schwangerschaft

Unabhängig von der Neuregelung gilt weiterhin:

Sobald eine Schwangerschaft oder Stillzeit gemeldet wird, muss der Arbeitgeber konkrete Schutzmaßnahmen festlegen (§ 10 Abs. 2 MuSchG).

Ob dies eine „anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung“ darstellt, ist juristisch umstritten – wird aber von offiziellen Stellen häufig so verstanden.

Veröffentlichungen durch den Ausschuss für Mutterschutz

Die sogenannten MuSchR-Regeln (Mutterschutzregeln) werden im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht und sind auch auf der Website des Ausschusses für Mutterschutz frei zugänglich.
Stand Januar 2025: Es wurde noch keine solche Regel veröffentlicht, auf deren Basis Arbeitgeber auf eine Beurteilung verzichten könnten.

Kritik: Entlastung bleibt begrenzt

Die beabsichtigte Bürokratieentlastung ist umstritten. Selbst wenn Regeln vorliegen, müssen Arbeitgeber prüfen, ob ihre Tätigkeiten tatsächlich darunterfallen – was faktisch wieder eine Beurteilung notwendig macht.

Effektiver wäre es, wenn der AfMu Tätigkeiten pauschal als „unverantwortbare Gefährdung“ einstufen würde (§ 9 MuSchG). Diese Einstufung hätte gesetzliche Vermutungswirkung und könnte die Praxis deutlich vereinfachen.

EU-Recht setzt Grenzen

Ein vollständiger Verzicht auf Gefährdungsbeurteilungen ist nicht möglich. Laut EU-Richtlinie 92/85/EWG, Artikel 4, ist auch bei bestimmten Tätigkeiten weiterhin eine Bewertung erforderlich.

Fazit

Die Neuregelung schafft erste Erleichterungen – aber keine generelle Befreiung von der Beurteilungspflicht. Arbeitgeber müssen weiterhin aufmerksam prüfen, ob ihre Tätigkeiten unter veröffentlichte Regeln fallen. Schutz und Dokumentation bleiben zentrale Pflichten.


NEU ab 01.06.2025: Einführung gestaffelter Mutterschutzfristen ab der 13. Schwangerschaftswoche

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