Kündigung bei wiederholten Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften
Arbeits- und Gesundheitsschutz
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 07.03.2024 – 5 Sa 173/23
Die Einhaltung von Arbeitsschutz- und Sicherheitsvorschriften gehört zu den zentralen Pflichten im Arbeitsverhältnis. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz hat in einem Urteil klargestellt, dass wiederholte Verstöße gegen Sicherheitsregeln auch bei langjähriger Betriebszugehörigkeit eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen können.
Der zugrunde liegende Fall
Ein Maschinenführer war seit 27 Jahren in einem Produktionsbetrieb beschäftigt. In den Jahren 2021 und 2022 verstieß er mehrfach gegen betriebliche Sicherheitsvorschriften. Der Arbeitgeber reagierte zunächst mit Abmahnungen und sprach insgesamt sechs Abmahnungen aus, unter anderem wegen folgender Vorfälle:
- Aufenthalt im Sicherheitsbereich bei laufender Maschine
- Mitnahme einer privaten Tasche an die Maschine entgegen ausdrücklicher Sicherheitsanweisungen und Schulungen
- Besteigen eines Querträgers bei laufender Anlage zum Ölen von Rollen
- Arbeiten an einer Maschine ohne vorgeschriebenen Schutzhelm
- Versuch, eine pendelnde Kranlast mit bloßen Händen abzufangen, was zu einem selbst verschuldeten Arbeitsunfall führte
Nach dem letzten Vorfall kündigte der Arbeitgeber dem Mitarbeiter ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen. Der Beschäftigte erhob Kündigungsschutzklage.
Die Entscheidung des Gerichts
Das LAG Rheinland-Pfalz bestätigte die Kündigung als rechtmäßig. Nach Auffassung des Gerichts hatte der Arbeitgeber durch die Vielzahl der Abmahnungen deutlich gemacht, dass Verstöße gegen Sicherheitsvorschriften nicht hingenommen werden. Trotz dieser eindeutigen Warnungen setzte der Mitarbeiter sein sicherheitswidriges Verhalten fort.
Eine weitere Abmahnung sei dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar gewesen. Angesichts der wiederholten und teilweise gravierenden Verstöße habe eine erhebliche Wiederholungsgefahr bestanden.
Interessenabwägung
Im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigte das Gericht zwar die lange Betriebszugehörigkeit von 27 Jahren, das Alter des Mitarbeiters sowie seine Unterhaltspflichten. Diese Gesichtspunkte mussten jedoch hinter dem übergeordneten Interesse des Arbeitgebers zurücktreten, die Gesundheit und das Leben der übrigen Beschäftigten zu schützen.
Einwände des Mitarbeiters, bestimmte Regelverstöße seien „betriebsüblich“ oder würden „geduldet“, ließ das Gericht nicht gelten. Sicherheitsvorschriften verlieren ihren verbindlichen Charakter nicht durch tatsächliches Fehlverhalten einzelner Beschäftigter.
Bedeutung der Entscheidung für die Praxis
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Arbeitssicherheit einen besonders hohen Stellenwert hat. Sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte sind verpflichtet, Sicherheits- und Gesundheitsschutzvorschriften einzuhalten. Beschäftigte haben hierbei Mitwirkungspflichten, etwa nach § 15 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG).
Wiederholte Verstöße gegen Sicherheitsregeln, insbesondere nach vorherigen Abmahnungen, können arbeitsrechtliche Konsequenzen bis hin zur Kündigung haben – auch bei langjähriger Betriebszugehörigkeit. Abmahnungen sind daher als ernsthafte Warnung zu verstehen.
Betriebs- und Personalräte sollten Beschäftigte ausdrücklich auf diese Zusammenhänge hinweisen. Eine enge Zusammenarbeit mit Sicherheitsbeauftragten ist dabei sinnvoll, da diese im Betrieb ebenfalls für die Überwachung von Sicherheitsmaßnahmen zuständig sind und auf Gefahren sowie Regelverstöße aufmerksam machen sollen.
Kurzfakten
Zielgruppen
- Betriebsratsmitglieder
- Personalratsmitglieder
- Interessierte
Kategorie
Betriebsräte und Personalräte
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Freistellung nach
Keine Freistellung
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