Einigungsstelle im Thüringer Personalvertretungsrecht

Überblick und Praxiswissen

Für Personalräte in Thüringen ist die Einigungsstelle ein zentrales Mittel, wenn zwischen Dienststelle und Personalvertretung in mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten keine Einigung erzielt werden kann. Das Thüringer Personalvertretungsgesetz (ThürPersVG) regelt Bildung, Verfahren, Beschlusskraft und Besonderheiten. Nachfolgend die Grundlagen, wichtige Empfehlungen und relevante Regelungen.

Rechtliche Grundlagen

  • Bildung und Kosten sind in § 71 ThürPersVG geregelt. Die Einigungsstelle wird fallweise gebildet, z. B. bei obersten Dienstbehörden oder sonstigen Dienststellen, die zur Mitbestimmung berechtigt sind. (§ 71 Abs. 1)
  • Sie besteht aus je drei Beisitzern von der Dienststelle und von der Personalvertretung, sowie einem unparteiischen Vorsitzenden. (§ 71 Abs. 2)
  • Wenn die Parteien sich nicht über den Vorsitz einigen, bestellt der Präsident des Thüringer Oberverwaltungsgerichts das unparteiische Mitglied aus einer vorgelegten Liste. (§ 71 Abs. 2–3)

Verfahren und Beschlussfassung (§ 72 ThürPersVG)

  • Die Verhandlungen sind nicht öffentlich. Jedoch haben die oberste Dienstbehörde und die zuständige Personalvertretung das Recht zur mündlichen Äußerung; im Einvernehmen kann auch schriftlich geäußert werden.
  • Die Einigungsstelle entscheidet durch Beschluss, mit Mehrheit der Stimmen, der vom Vorsitzenden zu begründen ist und schriftlich vorliegt. Der Beschluss ist unverzüglich den Beteiligten zuzustellen. Der Beschluss muss sich im Rahmen geltender Rechtsvorschriften, besonders des Haushaltsgesetzes, bewegen.

Bindende Beschlüsse vs. Empfehlung

Ein wichtiger praktischer Aspekt: Nicht alle Beschlüsse der Einigungsstelle sind automatisch bindend:

  • In Thüringen sind bestimmte Fallgruppen definiert, in denen der Beschluss unmittelbar bindend ist, wenn nicht gemäß § 74 ThürPersVG ganz oder teilweise aufgehoben. Beispiele dieser Fallgruppen sind:
    1. Gewährung und Ablehnung von Unterstützungen, Vorschüssen, Darlehen und ähnlichen sozialen Leistungen,
    2. Zuweisung und Kündigung von Dienstwohnungen oder Wohnungen der Dienststelle,
    3. Dienst- und Pachtland,
    4. Absehen von Ausschreibungen von Dienstposten,
    5. Aufstellung des Urlaubsplans oder Festsetzung der zeitlichen Lage des Erholungsurlaubs, wenn zwischen Dienststellenleitung und Beschäftigten kein Einverständnis besteht,
      u.a. auch Fragen zur Entlohnung, Arbeitszeit, technische Einrichtungen, Ordnung in der Dienststelle, etc.
  • In den übrigen Fällen beschließt die Einigungsstelle eine Empfehlung an die oberste Dienstbehörde, die dann endgültig bestimmt.

Aufhebung von Beschlüssen (§ 74 ThürPersVG)

  • Wenn ein bindender Beschluss der Einigungsstelle ergeht, kann die zuständige oberste Dienstbehörde innerhalb eines Monats ganz oder teilweise aufheben und selbst entscheiden, wenn sie sich ihm nicht anschließt und wenn die Entscheidung im Einzelfall wegen ihrer Bedeutung für das Gemeinwohl wesentlicher Bestandteil der Regierungsgewalt ist.
  • Diese Entscheidung muss schriftlich erfolgen und gegenüber Einigungsstelle, Dienststellen und Personalvertretung begründet werden.

Empfehlungen / Praxis-Tipps für Personalräte in Thüringen

Damit das Verfahren der Einigungsstelle effizient und wirkungsvoll ist, hier einige Hinweise:

  1. Fristen beachten
    Die Bestellung des unparteiischen Vorsitzenden muss innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Bestellung der Beisitzer erfolgen. Verzögerungen können das Verfahren verzögern und die Position schwächen.
  2. Beisitzer sorgfältig auswählen
    Achte darauf, dass unter den Beisitzern der Personalvertretung sowohl Beamte als auch Arbeitnehmer vertreten sind – insbesondere, wenn die Fälle unterschiedliche Gruppen betreffen. (§ 71 Abs. 2–3)
  3. Sachverständige nutzen
    Auf Antrag von drei Mitgliedern kann eine sachverständige Person beratend an der Verhandlung teilnehmen, was hilfreich sein kann bei technischen, wirtschaftlichen oder gesundheitlichen Fragen.
  4. Protokoll und Begründung
    Der Beschluss muss begründet sein und schriftlich vorliegen. Alle wesentlichen Meinungen und Argumente sollten dokumentiert sein, da später ggf. eine Prüfung, Anfechtung oder Aufhebung möglich ist.
  5. Unterscheidung bindender vs. empfehlender Beschluss
    Prüfe vorab, ob der Streitfall in eine der Fallgruppen fällt, in denen der Beschluss bindend sein kann. Wenn nicht, sollte man die Argumente so gestalten, dass die Empfehlung möglichst überzeugend ist – denn dann entscheidet die oberste Dienstbehörde.
  6. Vorbereitung auf Aufhebung
    Da ein bindender Beschluss unter bestimmten Umständen aufgehoben werden kann (§ 74), sollte der Personalrat sich auf mögliche Einwände seitens der Dienstbehörde vorbereiten und argumentationsstark sein, insbesondere wenn Gemeinwohl oder Haushaltsfragen ins Spiel kommen.

Kurzfakten

Zielgruppen

  • Personalratsmitglieder
  • Interessierte

Kategorie

Betriebsräte und Personalräte

weitere Urteile

Keine weiteren Urteile

Freistellung nach

Keine Freistellung

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